Ein gutes halbes Jahr ist vergangen seit unserem ersten Velotag. Wir sind bei Schnee und Kälte losgefahren und bald wird es auch hier in Kirgistan Schnee geben. Die Hirten treiben ihre Herden ins Tal und die Jurten in den höheren Berglagen werden abgebaut. Langsam beginnt sich der Kreis zu schliessen. Wir haben zu Ostern die ersten Apfelblüten bestaunt und essen jetzt die reifen Äpfel frisch vom Bazaar. Ein Traum ist in Erfüllung gegangen. Wir sind stolz und dankbar, dass wir (fast) unbeschadet so weit gekommen sind. Deshalb haben wir heute in der schönen, russisch-orthodoxen Kirche von Karakol extra vier Kerzen angezündet.

Im Moment denke ich viel an die Menschen zu Hause, an die Arbeit, die ich in Zukunft verrichten möchte und an alle anderen Pläne und Wünsche, die sich auf diesem Weg herauskristallisiert haben. Doch so gross die Vorfreude auf die Heimkehr auch ist, so sicher scheint mir, dass zu Hause im „alten Leben“ eine Sehnsucht nach der Ferne aufkommen wird. Wir werden an die Entschleunigung denken, die uns so gut tat, an den natürlichen Tagesrhythmus, die gesunde Bewegung und den breiten Himmel, den wir Tag und Nacht über uns sehen und spüren durften. Wir werden die Einfacheit vermissen, die schlichten Mahlzeiten vom Feuer oder die Freude und Neugier der Menschen, welchen wir unterwegs begegnet sind.

Ich wünsche mir, dass wir ein kleines Stück dieses Lebens mit nach Hause bringen, die erlebte innere Weisheit in den Alltag integrieren und letzlich Meister zweier Welten werden dürfen. Ich wünsche mir, im Moment zu leben, egal was kommt.

Wegstrecke

Chaek – Tügöl Say – Kyzart Pass – Kochkor – Orto Tokoy – Ottuk – Kyzyl Too – Bökönbaev – Tosor – Jengish – Orgochor – Karakol – Ausflug ins Jurtencamp von Arashan – zurück nach Karakol